The Wild Bunch

Sam Peckinpah | 1969 | 145 Min. | EN/de
07.03.2019 | Kulturbetrieb Royal, Bahnhofstrasse 39, 5400 Baden | 20.00 Uhr

Am 7. März 2019 zeigt «royalscandalcinema» im Kulturlokal Royal Baden mit «The Wild Bunch», einen Film der mit den romantisierenden Erzählungen des klassischen Westerns aufräumte und das Publikum mit zeitgenössischer Gesellschaftskritik konfrontierte. Eingeführt wird der «Spätwestern» von Johannes Binotto, Kultur- und Medienwissenschaftler an der Universität Zürich.

Der Regisseur Sam Peckinpah siedelt seinen Western vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs an. Das 19. Jahrhundert und mit ihm der «Great Wild West» sind längst vergangen. Die Welt taumelt auf einen Abgrund zu. Der Westen der Vereinigten Staaten ist in der Hand der Big Companies, der Eisenbahngesellschaften, die das Land kraft ihrer ökonomischen Macht regieren. «The Wild Bunch», eine Bande, die sich mit den Eisenbahnbaronen angelegt hat, wird von Kopfgeldjägern verfolgt. Sie flüchten nach Mexiko, das von gewalttätigen Auseinandersetzungen im Zuge der mexikanischen Revolution geprägt ist. Die Landbevölkerung befindet sich im Aufstand gegen marodierende Militärs. General Mapache, der zu letzteren gehört, heuert die Bande an, um sie in seinen asymmetrischen Krieg einzuspannen.

Peckinpah machte es sich zur Aufgabe, den Mythos «Western» zu demontieren. «The Wild Bunch» bricht mit genretypischen Erzählungen und Geschichtsbildern des Westerns. Eine romantische Idealisierung des «Wilden Westens» fehlt völlig. Sympathie für die Protagonisten wird wenig geweckt. Gewalt wird realistisch und grausam dargestellt. Symptomatisch dafür ist eine Szene, in welcher die herannahenden Gegner mit einer Gatling, einem Maschinengewehr, niedergemetzelt werden. Damit signalisierte Peckinpah, dass die Zeit des «High Noons» vorbei ist, in welcher Duelle mit Revolvern ausgefochten wurden. Auf eine Romantisierung der Natur wird verzichtet. Moral wird nicht dichotom und simpel, sondern auf komplexe Art und Weise ausgehandelt. Der Film liefert keine einfachen Antworten. Viel mehr wirft er Fragen auf, die nicht nur dazu anleiten, das romantisierte Bild des «Wilden Westens» zu überdenken, sondern auch die soziale Realität der Zeit, in welcher der Film produziert wurde, hinterfragt: Peckinpah dekonstruiert die Männlichkeitskonzepte des klassischen Western. Er zeigt die Dominanz der Big Companies – die mittels Kopfgeldjägern Recht in ihrem Sinne durchzusetzen im Stande waren. Er verhandelt die Gewalterfahrung der späten 1960er mit Vietnamkrieg, politischen Attentaten, Massendemonstrationen und Polizeigewalt im historischen Setting des Spätwesterns.

Die exzessive Darstellung von Gewalt in «The Wild Bunch» führte zu kontroversen Diskussionen. Kameraführung, Slow-Motion, spritzendes Blut und Nahaufnahmen der Kampfszenen machen «Gewalt» zum eigentlichen Thema dieses Films. Die Gewalt in Peckinpahs «The Wild Bunch» regt zu Diskussionen an und wird verschieden interpretiert. Manche Kritiker reagierten mit Schock und Empörung auf die exzessiven Gewaltdarstellungen, weswegen der Film auch erst ab 18 Jahren gesehen werden durfte – und dem Regisseur Sam Peckinpah den Spitznamen «Bloody Sam» einbrachte. Peckinpah meinte hingegen: «Niemand ist unschuldig, Gewalt geschieht in der Realität und die Menschen unternehmen nichts dagegen.» Er wolle dem Publikum die eigene gewalttätige Seite aufzeigen sowie die Vulnerabilität jedes einzelnen, in Zeiten, in welchen Gewalt in der Gesellschaft alltäglich wird. Dass Peckinpah seine zeitgenössische Gesellschaftskritik mit einer Dekonstruktion des Westerngenres – einer der grossen Meistererzählungen amerikanischer Nationalidentität – verband, wurde 1969, mitten im Kalten Krieg, ebenfalls kontrovers diskutiert.