Super Best Friends | Trapped in the Closet (South Park)

Trey Parker | 2001 / 2005 | 22 Min. / 22 Min. | En/de
09.09.2021 | FANTOCHE - Internationales Festival für Animationsfilm, Trafo 3 | 19:45 Uhr

Tickets: CHF 10.– auf eventfrog.ch

Satire und Skandal gehören bei South Park zum Programm. Das Repertoire der seit 1997 laufenden Animationsserie reicht von derbem Fäkalhumor und juvenilen Sexwitzen hin zu pointierter Gesellschaftskritik und hintergründigen Metaphern. Regelmässig werden prominente Figuren aus Politik und Showbusiness aufs Korn genommen und Reizthemen wie Rassismus, Religion, Abtreibungen, Kindsmissbrauch, Drogenkonsum, Klimawandel, Geschlechterverhältnisse und politische Korrektheit zum Thema gemacht. Für Kontroversen sorgten dabei insbesondere die religionskritischen Episoden.

Parodiert wurden spezifische Religionsgemeinschaften wie die römisch-katholische Kirche, Judentum, Mormonentum und Scientology, Heilsfiguren wie Jesus, Maria, Muhammad, Buddha, Krishna und Konfuzius oder religionspolitisch aufgeladene Themen wie religiöse Gewalt, Karikaturenstreit und Blasphemieverbote. Angehörige der jeweiligen Glaubensgemeinschaften reagierten mit medialen Protesten, Boykottaufrufen, Zensurforderungen und Gerichtsverfahren. Damit provozierten die Macher von South Park – wohl durchaus beabsichtigt – weiterführende Debatten um die Grenzen von Satire, Kunst und Meinungsfreiheit.

In einer Kooperation mit dem internationalen Animationsfilmfestival FANTOCHE erkundet «royalscandalcinema» das religionskritische Potenzial von South Park. Gezeigt werden die beiden Episoden «Super Best Friends» und «Trapped in the Closet».

«Super Best Friends» handelt davon, wie der Illusionist David Blaine einen sektiererischen Kult («Blainetology») gründet. Dessen Führer betreiben Gehirnwäsche, fordern Steuerbefreiung und drohen der Regierung mit Massensuizid. Um seine indoktrinierten Freunde zu schützen, sucht Stan Hilfe bei den Super Best Friends, einem Zusammenschluss von Stifterfiguren unterschiedlicher Religionsgemeinschaften. Dabei werden diese in Analogie zur ABC-Animationsserie «Super Friends» (mit Superman, Batman, Wonder Woman, Aquaman und anderen mehr) als Superhelden portraitiert – und damit eine Analogie von religiösen Heilstexten und Superheldencomics postuliert. Auf der anderen Seite weckt die Darstellung der Sektengemeinschaft Assoziationen zu Debatten um Scientology und – insbesondere in der visuellen Darstellung der Missionierenden – zum Mormonentum. Die Darstellungen können – je nach Perspektive – als blasphemische oder alternative Lesarten religiöser Doktrin verstanden werden; als Fundamentalkritik oder als Persiflage von Teilaspekten religiöser Systeme.

Im Nachhinein wurde «Super Best Friends» zum Thema, weil darin Muhammad dargestellt wird, ohne Zensurmassnahmen und – wiederum im Sinne eines Superheldencomics – eingeführt als «the Muslim prophet with the powers of flame». Bei der Premiere der Folge am 4. Juli 2001 wurde das ohne Empörung aufgenommen. Als 2005 der sogenannte «Karikaturenstreit» um die Veröffentlichung von Muhammad-Karikaturen in der dänischen Tagesszeitung Jyllands-Posten zu einer transnationalen Mediendebatte führte, griff South Park den Streit um die Darstellbarkeit des Propheten in den Folgen «Cartoon Wars Part I» und «Cartoon Wars Part II» auf – und wurde selber zum Fokus der medialen Auseinandersetzung. Wobei auch die mittlerweile vier Jahre alte Folge «Super Best Friends» heiss diskutiert wurde. In Reaktion darauf erhielten die Macher von South Park Todesdrohungen von einer in New York ansässigen islamistischen Gruppierung namens «Revolution Muslim». Daraufhin entfernten sie die Folge von der South Park-Webseite, was zu Debatten darüber führte, ob sich South Park nun erstmals dem Druck persiflierter Gruppen beuge oder ob es sich dabei schlicht um eine Marketingaktion handle. In späteren Folgen erscheint Muhammad mit Zensurbalken oder in einem Bärenkostüm.

Mit Scientology befasste sich South Park wieder in der Folge «Trapped in the Closet». Darin wird der Junge Stan von Scientologen für die Reinkarnation des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard gehalten. Neben Hubbard macht sich die Folge über prominente Mitglieder von Scientology wie Mel Gibson oder Tom Cruise lustig. In einem längeren Exkurs führt die Folge zudem in den Schöpfungsmythos von Scientology ein. Innerhalb von Scientology gilt dieser allerdings als Geheimwissen, das erst für Eingeweihte zugänglich ist. (Scientology operiert mit unterschiedlichen Weihestufen, den sogenannten OT-Stufen für «Operating Thetan».) Die Veröffentlichung dieses Geheimwissens wird von Scientologinnen und Scientologen als blasphemischer Akt wahrgenommen. Zwischen South Park und der Church of Scientology entspannte sich ein jahrelanger Disput. Als Folge davon trat Isaac Hayes, selber Mitglied von Scientology und Stimme der South Park-Figur «Chef», aus dem Team der Cartoon-Serie zurück. In Grossbritannien erreichte Tom Cruise durch ein Gerichtsverfahren ein Ausstrahlungsverbot für die Folge.

Generell spannt South Park ein feinmaschiges System von Referenzen auf eigene Erzählstränge, Debatten und wiederkehrende Witze. Anders als bei den meisten Filmen die bei «royalscandalcinema» besprochen wurden, erlaubt das Format der Serie die Skandalisierung eigener Episoden zum Thema zu machen. So entstand – gerade mit Scientology – ein sich über Jahre hinziehender Schlagabtausch, der innerhalb der Serie, in Massenmedien und vor Gerichten ausgetragen wurde. Das hängt auch mit der Produktionsweise von South Park zusammen. Ästhetisch wirkt die Serie, als sei sie manuell in Cut-Out-Technik animiert, was ursprünglich auch so vorgesehen war. Ab der zweiten Folge wurde South Park allerdings am Computer animiert, wobei der Flachfigurenfilmstil beibehalten wurde. Auf diese Weise können einzelne Folgen innerhalb kürzester Zeit und in Bezug auf tagesaktuelle Debatten produziert werden.

Im Rahmen von Fantoche werden beide Folgen in unzensierter Form gezeigt. Ein Einführungsreferat durch den Theologen Emil Bjørn Hilton Saggau bietet Einblick in die damit verbundenen Skandalisierungsprozesse. Saggau forscht an der Universität Lund (Schweden) und beschäftigt sich mit der Genese von Religionsbildern und politischer Theologie in der Populärkultur, unter anderem mit Religion und Religionskritik in South Park, Family Guy und den Simpsons.